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Vom Fehlermachen

Über Heide Liebmanns Blog und ihre persönliche Geschichte vom Stehauf-Frauchen habe ich von der Blogparade Eine Kultur des Scheiterns entwickeln auf Petra Schuseils Blog Lebenstempo erfahren. Und heute, als ich ein paar alte Notizen sortierte, fand ich ein Zitat von meiner Frau Mama (siehe unten), das  zu dem Thema passt. Deshalb schließe ich mich gerne an.

Was hab ich mich gequält. Mit Mathe, mit russischer Grammatik, mit  unmöglichen Beziehungen. Immer hatte ich den Satz von meinem Vater im Ohr: „Es muss alles seine Richtigkeit haben!“ Richtig und falsch bekamen dadurch eine absolute Dimension, die ich perfekt verinnerlicht hatte. Wenn also etwas schief ging, dann konnte es entweder nur meine Schuld sein, weil ich etwas falsch gemacht hatte, oder aber es passierte, weil die Welt eben so ungerecht war. Sobald ich etwas wagte, hörte ich: „Sei vorsichtig! Das muss man sich alles erst gut durch den Kopf gehen lassen.“ Oder aber auch gerne: „Das haben schon ganz andere nicht geschafft!“ Natürlich rebellierte ich mächtig, und Sicherheit (ich glaubte damals, dass dies Sicherheit ist) wurde mir ein Greuel. Unter anderem war es die Energie der Rebellion, die mich seither die unmöglichsten Sachen anfangen ließ – oft unter großer Anstrengung. Manche sind gut gegangen, viele nicht. Auch große Verluste waren dabei. Manche sehr schlimm, manche nicht. Das Absolute am Richtigen und am Falschen ist mir darüber mit der Zeit verloren gegangen. Um diesen letzten Verlust habe ich nie getrauert. Die Angst vor dem Scheitern allerdings habe ich nicht von allein verloren. Sie kommt immer mal wieder unangemeldet zu Besuch und verschwindet nur dann, wenn ich sie in vollem Bewusstsein anschaue. Das geht im Stehen gut und auch im Sitzen. Mit den Füßen auf dem Boden und tiefem Atmen. Manchmal aber auch am Telefon – mit meiner besten Freundin.
Das alles begann ich erst ab Mitte 30 zu verstehen.  Vor etwa sieben Jahren. Dann bin ich auf den Jakobsweg gegangen, wo ich mit ein paar Ausnahmen jeden Tag an irgend etwas „scheiterte“ und jeden Tag  eine Menge Fehler machte. Aber am Meer bin ich nach 950 Kilometern angekommen. Es muss also auch etwas richtig gewesen sein.

Neulich hörte ich meine 76jährige Mutter sagen: „Fehler sind dazu da, dass man sie macht.“ Ich horchte auf und konnte es kaum glauben. Da sagt sie einfach so daher, was ich mir in vielen Jahren hart erarbeitet hatte.  „Hast du mir das früher auch gesagt?“, fragte ich. „Nein, aber jetzt bist du ja erwachsen, jetzt kann ich dir das ja sagen.“