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Das Zebra hat schwarze Streifen, damit man die weißen besser sieht (Teil 2)

„…und zum ersten Mal frage ich mich, ob ich mich vielleicht deshalb nicht selbst formen konnte, weil es kein Gegenstueck zu mir gibt, jemanden, der ganz anders ist als ich in seinem Wesen und der mich doch erkennt als einen Teil von sich. Zum ersten Mal frage ich mich das, und auch, ob die Dinge einfach immer so weiterlaufen wie bisher, oder ob nicht alles bald ganz anders wird, als es schon immer war, und ob die Dinge aussehen wie immer, aber trotzdem nicht mehr dieselben sind, und ich zufaelligerweise die Erste bin, die das weiss.“ (Olympia in: „Das Zebra hat schwarze Streifen, damit man  die weißen besser sieht“. Roman von Johanna Straub).

Das fragte sich Olympia mit ihren höchstens 16 Jahren… Und manchmal scheint es auch mir, als ob die Dinge aussehen wie immer, aber trotzdem nicht mehr dieselben sind.

Denn manchmal gibt es so Tage, an denen einfach das Herz überläuft. An denen die Dinge nicht nur mit den Augen, sondern auch mit dem Herz sichtbar werden. Das sind Tage, an denen es nicht mehr nötig ist, an Gott zu glauben. Das Göttliche ist dann einfach da. Greifbar, überprüfbar. Nichts ist dann im Grunde anders als vorher, und doch ist alles anders.  Ich nenne das Glück.

Manchmal ist es ein einziger kleiner Satz oder auch nur ein Wort, manchmal ist es ein großes Gefühl, manchmal einfach nur der Gedanke an einen Rosenstock. Manchmal ist es eine Umarmung, manchmal eine Pizza, oder ein Glas Wein, manchmal ein Blick. Manchmal auch eine Bootsfahrt, manchmal ein Lied, manchmal das Meer. Oder noch etwas ganz anderes. Manchmal ist es innen, und da bleibt es dann, und ein andermal traut es sich, hervorzukommen und nach außen zu gehen. In diesen Momenten verschwindet das Bedürfnis nach einem Selbstporträt.

Nicht nur der Teufel scheißt ziemlich oft auf den größten Haufen – auch das Glück fällt oft da hin, wo schon welches ist. Ein guter Grund, sich selbst glücklich zu machen.